“Anfangs war mein Garten ein reines Vogelparadies. Meisen verschiedenster Arten, Kleiber, Amsel, Hausrotschwanz, Bachstelzen und vieler Arten konnte ich beobachten. Viele nisteten sogar auf meinem Gelände. Doch seit die Elstern überhand genommen haben und systematisch sämtliche Nester ausräubern, lässt sich kein einziger Vogel mehr bei uns blicken. Auch die weitere Umgebung ist von Vögeln wie leergefegt. Was sollen wir nun tun? Wenn wir die Elstern weiter gewähren lassen, werden sie noch den allerletzten Vogel vertreiben!”
So die typische Klage vieler Gartenbesitzer, die, die Vorsitzende des Landesbund für Vogelschutz (LBV) Marion Damm sehr oft zu hören bekommt. Sie betont dazu, dass nicht nur die Elster “räubert”. Sie sei wahrlich nicht die einzige die Art, die, neben anderen Ernährungsweisen, auch dem “Plündern” von fremden Nestern (übrigens auch der eigenen Art) nachgeht. Das würden auch Eichelhäher, Raben, Steinmarder und die Katzen sowie auch Dohlen und Eichhörnchen, denen man so etwas gar nicht zutrauen möchte. Selbst Grün- und Buntspecht gehen an die Nester, und auch die Amsel holt Eier aus dem in der Hecke benachbarten Grasmückennest, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Die Aufzählung sei nur unvollständig, so Marion Damm. Es zeige, dass nicht jedes ausgeraubte Nest den Elstern anzukreiden sei. Viel geschehe auch nachts wie beim Steinmarder und der Katze. Die Eichhörnchen würden die frühen Morgenstunden benutzen. Da aber die Elster tagsüber recht ungeniert Vogelnester ausnehmen, würde ihr weit mehr an Nesträuberei angelastet, als dies tatsächlich zutreffe.
Marion Damm betont, dass Elstern ihre Beutetiere gar nicht ausrotten können. Würde sie so handeln, wie man ihr unterstellt, wären ihre Tage als erfolgreiche Vogelart längst vorbei. Mit laufender Abnahme der Beute würde die Suche nach ihr immer schwerer. Es bliebe kaum oder gar keine Zeit mehr für das eigene arterhaltende Geschäft. Eine einseitige Spezialisierung wäre also für die Elster eine echte Sackgasse. Eine Ausrottung von Singvogelarten, die man ausschließlich auf der Nesträuberaktivität der Elster zurück führen könne, sei nicht zu erwarten und konnte wissenschaftlich bislang auch tatsächlich nicht nachgewiesen werden. Eine Übervermehrung der Elster sei gar nicht möglich, so die Vorsitzende. Dies würde es im biologischen Sinne auch gar nicht geben. Wenn eine Tierart zunehme, so habe sie die augenblicklichen günstigere Bedingungen in ihrem Lebensraum ausgenutzt. Das könne eine verbesserte Nahrungsgrundlage sein, wie zum Beispiel bei vermehrt anfallendem Aas entlang der Autobahn, oder auch verbesserte Nistangebote. Die Kapazitätsgrenze des Lebensraumes sei also keine feste Größe. Diese könne sich nach oben oder unten leicht verschieben und dem entsprechend größerer oder kleinere Populationen zulassen.
Eine direkte Bekämpfung der Elstern sei aus Artenschutzgründen abzulehnen und zudem ökologisch nicht sinnvoll. Wie Marion Damm weiter ausführt, würde kein einziges Vogelnest weniger geplündert werden. Marder, Eichhörnchen und die vielen anderen würden sich den Beuteanteil der Elstern sehr schnell aufteilen. Wenn schon eine Reduzierung, dann müsste man also auch diese Tiere ebenfalls radikal bekämpfen. Neben dem enormen Aufwand hätte dies allerdings weitreichende und nicht abzuschätzende Folgen auch auf völlig anderem Gebiete. Diese Tiere hätten neben dem Nesträubern auch noch ganz andere ökologische Rolle. So lieferten Elstern zum Beispiel mit ihren Nestern auch Nistmöglichkeiten für Turmfalken, Baumfalken und Waldohreulen, die selbst alle nicht bauen. Eine radikale Abnahme der Elstern-Population hätte auch für diese Vogelarten Konsequenzen. Ein Grund mehr, so die Vorsitzende, warum das noch immer noch von der Jagd empfohlene Ausschießen von Elsternnestern abzulehnen sei. Die Jagd auf Elstern brächte somit kaum ein einziges Vogelgelege mehr, das vom Plündern verschont würde, dagegen aber etliche schwerwiegende Nachteile.
Um das Räubern im Garten etwas vorzubeugen, blieben nur direkte Weg zu einem vogelgerechten Garten. Wichtig seien stachelige Sträucher zu pflanzen. Sie böten, besonders, wenn sie durch häufigen Schnitt recht dicht wachsen, guten Unterschlupf, Nist- und Fluchtmöglichkeiten für die kleinen Sänger. Sie halten andere größerer Räuber davon, sich durch das dichte stachelige Astgewirr zu zwängen. Katzen meiden solche Sträucher ganz. Efeu, wilder Wein, Weinreben oder Spalierobst am Haus und Garten hochgezogen, würden ebenfalls ein Mehr an optimalen Nistmöglichkeiten bringen. Auch die Zwischenräume von Holzstößen und Reisighaufen seien eine große Unterstützung für die Vögel. Auch sollte über die Tauglichkeit künstlicher Nisthilfen in bezug auf Schutz gegenüber Nesträuber geachtet werden. Bei herkömmlichen Halbhöhlenkästen schütze zum Beispiel ein Maschendraht vor der Höhle, wenn man nicht gleich raubsichere Kästen benutzen will. Es könne dadurch eine wesentliche Erhöhung der Dichte von Singvögeln erreicht werden. Freilich würde auch in diesem Garten die Elster und andere Räuber auf erfolgreichen Raub gehen. Sie würden aber hauptsächlich die zu dicht besiedelten Nester, die keinen optimalen Platz haben, ausnehmen.
Die Elster sei weder ein Unschuldslamm noch eine mordende Bestie, so die Vorsitzende. Sie gehe ihrem angeborenen Trieb nach, der weder gut noch böse sei. Solche Begriffe würden in der Natur sowieso nicht gelten. Es sei an der Zeit, dass man die Rolle als Regulator akzeptiere. Sie habe aber sehr großes Verständnis dafür, dass dies manchen Vogelliebhaber schwerfällt.
Quelle: Jupps Gartentipps auf Facebook
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